Max

Reif für die Insel


 „Das ist wirklich eine Sonneninsel hier. Und wir waren jetzt reif für die Insel!“, erzählen Sylke und Stefan Hein. Sie sind bereits zum zweiten Mal hier an dem Ort, an dem eine besonders positive Energie fließt und man angenommen wird so wie man ist. Ein Platz, an dem man ankommt und sich zu Hause fühlt, meint Familie Hein.

Ein Gespräch mit Sylke, Stefan und dem elfjährigen Max Hein.

Was gefällt euch an der Sonneninsel?

Max gefällt an der Sonneninsel der Bewegungsraum und dass man hier Filme ansehen kann. Aber auch die Nähe zur Stadt, die Berge – er mag Berge sehr gerne – findet er super. Weil man so viel machen kann. „Und es gibt hier tolle Menschen“, ergänzt er. Seinem Vater Stefan gefällt noch das offene Konzept, man ist im Prinzip im ganzen Haus zu Hause, erklärt er. Das finden auch die Kinder toll, diese Freiheit, das ganze Haus nutzen zu können.

Lotta

Lotta zeichnet sehr gerne.

Wie sieht bei euch der Alltag aus?

Lotta, die 13-jährige Tochter, hatte die aggressivste Form von Knochenkrebs. Sie erkrankte 2015 mit gerade einmal fünf Jahren. „Die Diagnose brach so über die Familie herein und wir schafften das ganz gut, so als Familie. 2016 war sie mit der Intensivtherapie fertig und wir fuhren zur Reha. Die wir 2018 wiederholten. Ja, also wie sieht der Alltag aus? Es gibt ein Leben vor der Erkrankung und eines danach. Es wird nie wieder so, wie es einmal war. Die Leichtigkeit, die hat man einfach nicht mehr. Max, der Bruder von Lotta, hatte während dieser Zeit auch Schmerzen im Bein, genauso wie es Lotta hatte. Das sind Situationen, da gehen bei mir alle Ampeln auf Rot und dann ist dieses Thema „Krebs“ wieder so im Vordergrund“, erzählt Sylke.

Stefan: „Die Frage ist auch, was ist der Alltag. Wie gesagt Lotta hatte Knochenkrebs und verlor einen großen Teil ihres Oberschenkelknochens. Mit der Folge, dass das rechte Bein nicht entsprechend mitwächst. Wir warteten ein paar Jahre, bis der Unterschied zwischen den Beinen fast 8 Zentimeter betrug. Jetzt haben wir damit begonnen, das Bein zu verlängern, also den rechten Oberschenkelknochen. In dieser Phase befindet sie sich gerade. Bis dieser Verlängerungsprozess abgeschlossen ist, dauert das mehrere Wochen. Wir sind da jetzt noch mittendrin. Lotta hat starke Schmerzen, muss sich schonen. Für längere Strecken sitzt sie im Rollstuhl, kürzere Strecken schafft sie mit Krücken. Bis der Knochen wieder zusammengewachsen und tragfähig ist, dauert es Monate. Deswegen ist unser Alltag immer noch von diesem Thema geprägt. Es benötigt unser aller Kraft, weil jeder mithelfen muss, damit Lotta durch diese Phase hindurchkommt.“ 

„Meine Schwester ist rein körperlich beeinträchtigt, geistig ist sie voll da, nur ist sie halt gerade in der Pubertät und anstrengend. Ich glaube, ich werde in der Pubertät auch anstrengend, aber halt anders“, erklärt Max wissend.

„Genau, du fängst auch schon an zu pubertieren“, bemerkt Sylke.

Konnte bzw. kann Lotta die Schule besuchen?

„Ja, sie war rechtzeitig zur Schuleinschreibung mit der Therapie fertig. Sie saß halt im Rollstuhl, weil ein Teil vom Oberschenkelknochen gefehlt hat und der Knochen, den der Papa gespendet hat, erst richtig zusammenwachsen musste. Sie konnte keinen Sport mitmachen und ihr Gehirn musste umtrainiert werden, insofern, als dass der Körper wieder zwei Beine benutzten konnte. Alles körperliche Einschränkungen. Geistig ist sie ihrer Altersstufe voraus. Die Kinder reifen in dieser Phase der Chemotherapie bzw. überhaupt in dieser Zeit des Krankseins ganz anders. Auch der Max. Er sah natürlich Sachen, die Kinder in diesem Alter normalerweise nicht sehen. Er war erst 3 3/4 und sah seine Schwester auf der Intensivstation mit zig Schläuchen, den ganzen Geräten, bekam mit, dass Kinder hier gestorben sind. Das hat mit ihm ja auch etwas gemacht“, ist Sylke überzeugt. 

Max, was magst du an deiner Schwester ganz besonders gerne?

„Dass sie so nett ist. Wir kochen gerne zusammen Bratkartoffeln. Und wenn ich Streit mit Mama und Papa hab, dann hilft sie mir.“ 

Der Hund aus Griechenland

Eine Bereicherung, der Hund aus Griechenland.

Der Hund aus Griechenland

„Wir haben einen griechischen Jagdhund, der tatsächlich auch aus Griechenland kommt. Die Entscheidung für den Hund fiel demokratisch drei gegen eins.“ Stefan lacht. 

Max: „Ich drängte die ganze Zeit, dass ich einen Hund will, aber meine Eltern sagten Nein. Aber dann klappte es doch.“

Sylke: „Ja, durch meinen Cousin. Der hatte auch diese Rasse und eigentlich sollten wir seinen Hund übernehmen, das hat dann aber nicht funktioniert. Nachdem sich die Kinder jetzt schon so auf den Hund gefreut hatten, hab ich ein bisschen gegoogelt … „Und schon stand er sozusagen vor der Tür“, erklärt Stefan schmunzelnd. 

Sylke: „Ja, der Hund war schon die richtige Entscheidung. Er therapiert uns alle und zwar so, wie wir es alle gerade brauchen.“

Wie reagiert die Umwelt auf Lotta?

„Wenn die Leute Lotta anschauen und nachfragen, ist das ja noch okay, aber wenn jemand sagt, kuck mal, die ist behindert, dann halt ich natürlich zu meiner Schwester“, erzählt Max. Ganz besonders nervt es ihn, wenn die Leute so blöd schauen. „Da muss man gute Sprüche auf Lager haben, dass man da kontern kann!“ Max weiß wovon, er spricht.

Stefan: „Durch die Differenz der Beinlängen hatte Lotta orthopädische Schuhe mit richtig dicken Absätzen, um das auszugleichen und das sah man halt. Die Leute schauen dann dahin und das stört Lotta natürlich. Sie will ja nicht auffallen.“ 

Sylke: „Zu Beginn machten wir die Erfahrung, dass Krebs für einige Menschen wie Lepra im Mittelalter ist. Man wird behandelt wie ein Aussätziger. Es gab Leute, die machten einen Bogen um uns. Max wurde von Nachbarskindern in der Schule gemobbt. Mit unseren Kindern wurde nicht gespielt. Wir entschlossen uns dann, die Kinder in eine andere Schule zu geben. Viele Menschen können mit dieser Krankheit nicht umgehen. Sie meinen, Krebs ist gleich Tod. Wir haben Freunde verloren, auch innerhalb der Verwandtschaft gab es einen Bruch. Als bei Lotta die Haare ausfielen, habe ich mir auch die Haare rasiert. Das Tolle war, dass die Leute dadurch nicht auf Lotta im Rollstuhl geachtet haben, sondern auf mich und der Fokus war von ihr weg.“ 

Stefan: „Weil du meintest, wir haben Bekannte und Freunde verloren. Wir haben auch neue Leute, vor allem in so Einrichtungen wie dieser hier kennengelernt. Leute, die auf derselben Wellenlänge sind wie wir, mit denen man sich unterhalten kann. Bei denen man nicht erst die ganze Geschichte erzählen muss, die wissen, was man mitgemacht hat.“

Wie könnte man verhindern, dass Leute behinderte Menschen anstarren?

Ich hab keine Idee, weil jeder Mensch ist doch ein normaler Mensch. Warum sollst du die in den Schatten tun, du kannst doch mit denen auch laufen oder spazieren gehen. Max

Stefan: „Ein Stück weit ist es auch Unwissenheit, weil die Krankheit ist nicht ansteckend. Wir hatten Besuch und baten die Besucher, eine Maske zu tragen, worauf die Frage kam, ob die Krankheit denn ansteckend sei. Lotta war immun-supprimiert und wir mussten darauf achten, dass sie gesund blieb. Sie musste geschützt werden, nicht umgekehrt.“

Sylke: „Ja, das war kein Einzelfall. Auch bei Bekannten gab es die Frage, ob die Krebskrankheit des Kindes ansteckend sei. Ich glaube, Krebs ist ein Tabuthema wie Alzheimer oder Depressionen. Alles Krankheiten, über die man nicht spricht. Man müsste viel mehr über sie sprechen, sie öffentlich machen.“

Max: „Du meinst, dass die Leute sich informieren sollen? „Bevor du schaust, informierst du dich mal was Krebs ist“, bringt Max es auf den Punkt.

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