Felix, ein besonderes Kerlchen
Felix, ein besonderes Kerlchen, wie seine Mutter sagt, ist mit seiner Familie zum ersten Mal hier auf der Sonneninsel. Eine Bettnachbarin im Krankenhaus hat ihnen diese Einrichtung empfohlen. Das Konzept des Nachsorgezentrums überzeugte die Familie, sie bewarben sich für einen bestimmten Termin und nun sind sie hier auf der Sonneninsel Seekirchen.
Ein Gespräch mit den Eltern Barbara, Daniel und dem achtjährigen Felix Busch
Felix, der Sonnenschein
Felix, der achtjährige Junge aus München, ist ein Sonnenschein. Offen und unbeschwert geht er auf Menschen zu und „fast“ niemand kann sich dieser charmanten, einnehmenden Art entziehen. Er geht in die erste Klasse Unterstufe und mag seine Lehrerin. Felix ist Fußballfan und liebt alles, was mit Fußball zu tun hat. Schon mehrmals hat er mit seinem Papa die Allianz Arena besucht und auf die Frage, was er sich wünschen würde, kommt es wie aus der Pistole geschossen: „Ein Tor!“, natürlich geschossen von Bayern München.
Der kleine Mann kam mit einem Gendefekt zur Welt, der sofort sichtbar war. Schon nach kurzer Zeit folgte dann noch die zerschmetternde Krebsdiagnose. Nach dem Schock und der damit verbundenen Bekümmertheit beschloss die Familie mit der Krankheit zu leben und die Traurigkeit auf später zu verschieben. Dass das nicht immer leicht ist und nicht immer gelingt, ist verständlich.
Die Familie Busch
Barbara und Daniel haben drei Kinder, Lisa ist elf Jahre alt, Felix ist acht Jahre und die jüngste, Hannah, ist fünf. Für die Geschwister ist die Besonderheit von Felix ganz normal. „Lisa würde sagen, eigentlich haben wir totales Glück, dass wir den Felix haben, denn durch ihn kommen wir zu solchen Sachen wie hier und es geht ihm doch gut, also wo ist das Problem!“, erklärt Barbara. „Und der Felix freut sich auch, dass wir ihn haben, weil damit genießen wir den Vorteil eines Behindertenausweises im Auto und können überall parken“, erklärt Daniel lachend. Auch Felix, der auf Papas Schoß sitz, lacht zustimmend. „Puh, Gott sei Dank habt ihr mich, so sagt Felix immer“, erzählt seine Mutter schmunzelnd. Auch für Hannah, der Jüngsten der Familie, ist ihr Bruder und der Umgang mit ihm ganz normal.
Felix und seine beiden Schwestern freuen sich über ihre Geschenke.
Das Leben leben
Felix hatte seit seinem neunten Lebensmonat bis zu seinem siebten Lebensjahr einen Luftröhrenschnitt und war damit immer in Lebensgefahr. Eine rundum Überwachung, entweder durch die Eltern oder eine Intensivkrankenschwester war damit notwendig, denn eine Verstopfung durch einen Schleimtropfen wäre tödlich gewesen. Es gab viele kritische Situationen, die es zu meistern gab. Genau vor einem Jahr wurde die Tracheotomie rückgängig gemacht und die Familie lernte in kleinen Schritten die neue „Freiheit“ auch zu leben. „Wir haben aber schon davor immer Sachen gemacht, die eigentlich nicht gemacht werden durften. Wir sind Sommerrodelbahn gefahren, das ganze notwendige medizinische Equipment mit an Bord. Auch eine Bootsfahrt am Meer machten wir, wobei der Seegang auf der Rückfahrt richtig stark war und ich Angst bekam, dass etwas passiert und auch eine Tropfsteinhöhle wurde besucht. Das waren alles Sachen, die Felix so Spaß machten, ihn pushten“, berichtet Daniel. Mutter Barbara erklärt: „Ich hatte das Gefühl, wir brauchen das als Familie. Nach dem Schock der Diagnose bei seiner Geburt beschlossen wir trotzdem zu leben. Wir dachten, wir dürfen schon alleine der großen Schwester gegenüber nicht so ein behindertes Leben führen.“ Natürlich war nicht alles möglich und das, was gemacht wurde, war anstrengend. Sie sind überzeugt, dass Felix so ist, wie er ist, weil er immer alles mitmachen durfte.
Die Blicke der Umwelt
Die Blicke, dieses komisch angeschaut werden, das bedrückt Barbara und Daniel mal mehr, mal weniger, je nachdem, wie sie sich gerade fühlen. Aber auch die Kinder belasten diese Blicke. „Lisa und auch Hannah werden dann zu Löwinnen. Wenn ein Kind den Felix anstarrt, dann stellen sie sich vor ihren Bruder und sperren damit die Blicke aus, verteidigen ihn damit“, betont Barbara und erzählt weiter: „Es gibt einen markanten Unterschied, wie Kinder mit Behinderten umgehen und wie sich Erwachsene verhalten. Kinder sind oft knallhart, sprechen aus, was sie denken und sagen, wie sieht der denn aus. Das verstört im ersten Moment, aber wenn man ihnen dann erklärt, dass jeder Mensch eben anders ist und anders aussieht, ist das „gegessen“. Daniel ergänzt: „Meist sind die Kinder sehr interessiert und fragen nach, was Felix da am Bauch hat. Er hat eine Sonde, mit der er ernährt wird, weil er nicht genug schlucken kann. Wenn man es den Fragenden erklärt hat, ist alles ganz normal. Bei den Erwachsenen sieht das anders aus. Die Gesellschaft ist nicht gewohnt, damit umzugehen.“
Eine Episode, die sich bei ihm fest verankert hat, fällt Daniel dazu ein. Er erzählt von einem Handball Turnier, Felix spielt in einem Verein, bei dem er im Tor stehen durfte. Für alle seine Vereinskollegen war das okay, sie kannten ihn ja. An diesem Tag war Daniel nicht so gut drauf und diese starrenden Blicke Hunderter Kindern und zahlreicher Erwachsener, die alle seinem Sohn galten, hielt er an diesem Tag nicht stand. Er musste gehen. Barbara, seine Frau blieb und hatte schon bald eine Traube von Kindern um sich, die fragten, was mit Felix los sei, warum er so aussieht. Auch eine Mutter gesellte sich zu den Kindern und hörte zu. Sie bedankte sich bei Barbara für die Erklärung und meinte, dass sie sich nie fragen getraut hätte.
Die Erwartungen an die Sonneninsel Seekirchen
„Ich bin mit wenig Erwartung hergekommen, weil erstens bin ich dann nicht enttäuscht und zweitens habe ich mich im Vorfeld nicht so viel damit beschäftigt, weil ich es meistens meiner Frau überlasse, wohin wir fahren. Man kommt schon runter, es ist sehr beruhigend hier, das Haus, die Aufteilung, die Architektur“, erzählt Daniel. Und Barbara ergänzt: „Ich finde man merkt an den Kindern schon nach kurzer Zeit, dass sie entschleunigt sind. Barbara findet es großartig, dass es nur im Empfangsbereich WLAN gibt und sonst nirgends. Die Herzlichkeit des Teams, die geschützte Atmosphäre und die schönen Blicke auf die Natur haben es ihnen ebenfalls angetan. Dass alles ein „Kann“ ist und kein „Muss“, ergänzt Daniel. Und dann fällt Barbar noch eine Episode ein: Eine Mutter sagte, dass sie aufs Zimmer geht, um den Hund zu füttern. Felix wollte sofort mit. Barbara hatte gerade keine Zeit und die Mutter hätte Felix alleine mitnehmen müssen. Sie war unsicher, ob der Hund die Sonde von Felix abschlecken würde. Barbara machte die Sonde ab, aber die Mutter war immer noch unsicher. Ohne lang zu überlegen nahm, Felix die Frau an der Hand und los ging’s. Wie schon gesagt, Felix, dem besonderen Kerlchen kann sich keiner entziehen.
