„Das Besondere ist der Austausch mit den anderen Betroffenen!“


Die Sonneninsel ist ein Ort der Erholung für Kinder, die aktuell an Krebs erkrankt sind oder ehemals erkrankt waren sowie für ihre Familien. Hier finden aber auch Familien Raum für ihre Trauer, wenn ein Kind verstorben ist. Daniel (41) ist ein betroffener Vater und hat mit uns über seine Erfahrungen gesprochen.

Hallo Daniel, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst uns ein Interview zu geben um über ein doch sehr persönliches Thema zu sprechen. Du bist seit kurzem im Sonneninsel-Team und unterstützt uns im Marketing & Fundraising. Aber die Sonneninsel hast du durch einen privaten Besuch kennengelernt…

Daniel: Ja genau, ich habe das erste Mal von der Sonneninsel durch die Kinderkrebshilfe Rottal erfahren. Meine Tochter Hanna ist im Alter von sechs Jahren an einem Hirntumor (Medulloplastom) erkrankt und unsere damalige Familienhelferin hat uns vorgeschlagen, für eine Auszeit dorthin zu fahren.

Wie war der erste Besuch auf der Sonneninsel?

Daniel: Zu diesem Zeitpunkt waren wir bereits 2-3 Jahre in Therapie (Anm. von insgesamt 6 Jahren). Wir sind zur Familienerholung gekommen und konnten das erste Mal seit der Erkrankung ein wenig „runterfahren“. Vom ersten Moment an als wir die Sonneninsel betreten haben, fühlten wir uns willkommen, irgendwie wie zuhause in einem gemütlichen Wohnzimmer. Nach dem Klinikalltag, Therapien, etc. war es das erste Mal, dass wir als Familie wieder ein Stückchen Normalität erleben konnten.

Kannst du ein bisschen erzählen wie die Zeit davor war, also der Zeitpunkt der Diagnose und die Therapien an sich?

Daniel: Die ersten Anzeichen der Krebserkrankung wurden im Kindergarten bemerkt. Hanna hat dort plötzlich jeden Tag erbrochen und wirkte manchmal desorientiert. Anfangs dachten wir noch, das ist psychosomatisch, aber nachdem es nicht besser wurde, hat man ein MRT zur Abklärung gemacht.

Dadurch hat man den Tumor entdeckt, wobei die Prognose/Heilungschance bei 98% lag, also eigentlich sehr, sehr gut war. Der Tumor konnte operativ auch komplett entfernt werden. Gleich darauf starteten die Therapien. Hanna bekam insgesamt 30 Bestrahlungen sowie sechs Blöcke Chemotherapie und war dann bei zwei Kontroll-MRTs krebsfrei. Leider hatte sie danach ein Rezidiv und war dann lange Jahre in ambulanter Therapie. Der Tumor war immer wieder weg, ist dann wieder gewachsen und insgesamt sechs Jahre lang wechselten sich Bestrahlungen/Chemos und Rezidive ab.

Das ist eine sehr lange Zeit, wie ist es euch dabei ergangen?

Daniel: Es war ein ständiges Auf und Ab. Du lebst irgendwie in einer Parallelwelt, hast einen komplett anderen Zeitrahmen. Du verbringst die meiste Zeit im Krankenhaus… der Alltag verändert sich von einem Moment auf den anderen. Nach sechs Jahren Therapiezeit ist auch nur noch ein Bruchteil der Leute (Freunde/Bekannte) da. Es fehlt die Zeit Kontakte zu halten und eine Krebserkrankung ist auch immer noch ein Tabu-Thema. Keiner beschäftigt sich gerne damit, das Thema wird ausgeklammert und so wirst auch du (die betroffene Familie) irgendwann irgendwie zum Außenseiter, obwohl genau in so einer schwierigen Zeit Unterstützung so dringend nötig wäre.

Und unsere Tochter Hanna hat das Leben trotz Erkrankung gelebt, man hat ihr die Strapazen optisch nicht so stark angesehen (die Haare sind nicht ausgefallen). Natürlich war sie sehr traurig wenn trotz anstrengender Therapien wieder ein Rezidiv da war. Sie wünschte sich, einfach „ein (gesundes) Kind zu sein“, wie jedes andere auch.

Wie ging es dann weiter?

Daniel: Beim letzten MRT, da war Hanna zehn Jahre alt, war plötzlich der ganze Kopf voll mit Metastasen. Sie hatte Ausfallerscheinungen und die Ärzte gaben ihr nur noch wenige Tage. Wir nahmen sie dann mit nach Hause und betreuten sie liebevoll (mit Unterstützung eines ambulanten Palliativ-Teams) gemeinsam im Haus meiner Eltern. Wir hatten noch neun gemeinsame Wochen – das war sehr traurig, aber auch sehr schön diese gemeinsame Zeit noch zu haben. Zum Schluss hat ihr Körper nicht mehr mitgemacht und sie ist (kurz vor ihrem elften Geburtstag) ruhig und friedlich in unseren Armen eingeschlafen.

Es ist ja oft so, dass die Themen Tod und Krankheit für viele von uns sehr schwierig sind und man nicht gern darüber spricht. Ich stelle mir vor, dass es noch viel schwieriger ist, über den Tod des eigenen Kindes zu reden.

Daniel: Wenn dein Kind an Krebs erkrankt und daran stirbt, dann ist dass das Schlimmste was dir als Eltern passieren kann. Es ist ein schweres Thema, aber es ist auch wichtig darüber zu sprechen um mehr Verständnis füreinander zu haben.

Wenn dein Kind geht, dann verliert die Welt seine Farbe. Das ist wie wenn eine Atombombe einschlägt. Wenn das, was du jahrelang nicht wahrhaben willst, doch eintritt. Dann stehst du erstmal betäubt da, du realisierst das in keinster Weise. Es fühlt sich an, als ob ein Teil von dir rausgeschnitten wird.

Aber auch die Zeit danach, die Zeit der Trauer, die Verarbeitung und die Erwartungen Anderer, machen es nicht einfach. Man erwartete von mir, dass ich gleich wieder arbeiten gehe, einfach weitermache. Das konnte ich nicht. Im ersten Jahr war ich wie gelähmt, war jeden Tag am Grab meiner Tochter…

Du/deine Familie habt an einem Trauerwochenende auf der Sonneninsel teilgenommen. Wie habt ihr das erlebt so in der Gruppe zu trauern? Wie waren die Emotionen?

Daniel: Anfangs wollte ich auf keinen Fall zurück auf die Sonneninsel und schon gar nicht an einem Trauerwochenende teilnehmen. Ich bin dann doch mitgefahren und die Zeit hat mir gutgetan, weil wir hier gemeinsam mit Hanna viele schöne Erinnerungen gemacht haben. Zufällig fand genau zu der Zeit ein Trauerwochenende statt, dh. wir haben das quasi aus der Ferne „beobachtet“.

Danach bin ich noch mal alleine zur Sonneninsel… weil es nach wie vor ein Ort ist der mir gut tut. Ich habe gedacht „wenn 23 Stunden eines Tages beschissen sind und wenn es nur einen Moment gibt der schön ist, dann ist es das Leben wert es zu leben.“ Und irgendwie hatte ich im Herbst darauf das Gefühl, dass ich auch am Trauerwochenende teilnehmen möchte, was ich dann auch getan habe.

Ist dir etwas besonders in Erinnerung geblieben?

Das Besondere an dem Trauerwochenende ist der Austausch mit den anderen Familien. Du merkst, du bist nicht allein. Es gibt andere Menschen, die dasselbe durchmachen wie du.

Daniel: Zu Beginn war ich sehr nervös… die eigene Geschichte zu erzählen und sich vor allen zu öffnen fiel mir nicht leicht. Was mir besonders gut gefallen hat, ist, dass beim Trauerwochenende auch die schönen Erinnerungen Platz haben. Es gibt genügend Raum und Zeit über sein Kind zu sprechen, was im Alltag oft nicht möglich ist.

Auch die Geschwisterkinder können auf eine kindliche Weise ihre Trauer zum Ausdruck bringen. Es wird z.B. gemeinsam gebastelt und an das Geschwisterkind gedacht, ein wirklich liebevoller Rahmen der da geschaffen wird.

Wie sieht das Programm konkret aus?

Daniel: Der Austausch mit anderen Familien ist ein zentraler Punkt des Wochenendes, denn bis heute gibt es nur sehr wenig Angebote bzw. Trauergruppen. Es gibt Gruppenaktivitäten, aber auch Zeit für die eigenen Gedanken (zum Beispiel beim Spazieren gehen oder einer wohltuenden Massage) Auch Paare finden an diesem Wochenende wieder Zeit füreinander. „Alles kann, nichts muss“ – so wie es einem guttut.

Ich war zwei Mal als Teilnehmer dabei und bin quasi vom Teilnehmer zum Begleiter geworden. Ich versuche jetzt aus Sicht eines Betroffenen eine „Brücke“ zu den Teilnehmern zu bauen. Der Austausch bringt mich in meiner Trauer weiter… jeder kleine Schritt hilft, das Erlebte zu verarbeiten.

Trauer verläuft in Phasen… wie war das bei dir/euch?

Daniel: Ich glaube Trauer kennt keine Phasen. Der radikale Schmerz wird milder, du lernst mit dem Schmerz zu leben. Man darf sich erlauben, am Leben teilzunehmen, es zumindest zu versuchen. Trotzdem hast du Tage die dich zurückwerfen, du am liebesten mit niemanden sprechen magst.

 

Termine:
1. TG 17.01. bis 19.01.2025
2. TG 14.03. bis 16.03.2025
3. TG 17.10. bis 19.10.2025
4. TG 05.12. bis 08.12.2025

 

 

 

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