Die Betrachtungsweise durch Achtsamkeit verändern


 

 

Alexander Brandmair, ist selbstständiger Klinischer und Gesundheits-Psychologe. Seinen Schwerpunkt hat er auf die Begleitung von Menschen mit Autismus gesetzt. Im Rahmen seiner Arbeit ist er dabei auch für den Verein VIA (Verein Initiative Autismus) tätig und unterstützt Betroffene und Familien mit einem autistischen Kind dabei, besser mit den Herausforderungen ihres besonderen Lebensalltag umgehen zu lernen. Mit seiner Begeisterung für Achtsamkeit und Ressourcenarbeit begleitet er unsere Familien auf der Sonneninsel, um im Alltag bewusster und gelassener zu sein.

Hallo Alexander, Achtsamkeit ist sehr zeitgeistig. Wie sieht dein persönlicher Zugang zu diesem Thema aus?

Achtsamkeit bedeutet im „Jetzt“ zu sein. Dazu gehört wahrnehmen und spüren, wie man sich fühlt, was man tut, wer man ist und in welcher Situation man sich befindet. Ich bin über meine Arbeit mit autistischen Menschen auf dieses Thema gekommen.

Wie konkret kann Achtsamkeit den Betroffenen helfen?

Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen tun sich oft schwer, ihre Empfindungen und Eindrücke einzuordnen.  Damit sie im Alltag zurecht kommen, ist es hilfreich, achtsam zu werden und genau hinzuschauen: Was bedeuten meinen Eindrücke im aktuellen Zusammenhang? Für autistische Menschen ist das bewusste Wahrnehmen und Spüren ganz wichtig, weil sie sich immer wieder darum bemühen müssen, zu erkennen, was gerade in ihrem Umfeld vorgeht. Umgekehrt muss auch das Umfeld lernen, bewusst auf die besonderen Bedürfnisse von autistischen Menschen zu achten.

Wieso ist Achtsamkeit so hilfreich für uns Menschen?

Die Definition von Achtsamkeit lautet „Wahrnehmen ohne zu bewerten“. Durch die Arbeit mit autistischen Menschen ist mir unmittelbar bewusst geworden, dass jeder von uns sich durch seine eigene Wahrnehmung ein subjektives Bild von der Welt macht. Das, worauf ich mich fokussiere und meine Achtsamkeit wende, wird zu meinem Leben. Wenn ich mich nur auf die Erkrankung und die Krankenhauswelt fokussiere, dann ist das auch meine Welt. Meist versuchen wir Menschen, die Welt zu verändern. Das kostet sehr viel Kraft und ist in vielen Fällen nicht möglich. Durch Achtsamkeit gelingt es, unsere Betrachtungsweise der Dinge zu verändern. Wir können lernen, unser Bewusstsein auf das Schöne und Angenehme zu lenken, das trotz allem noch vorhanden ist.

Wie sieht dein Angebot für die Familien auf der Sonneninsel aus?

Ich betreue die Familien mit Einzelgespräche, Entspannungsmethoden wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Achtsamkeitsübungen und familiärer Ressourcenarbeit. Im Gespräch schauen wir gemeinsam und individuell, was die Familie gerade braucht und was ihr gut tut.

Was können die Familien mit in ihren Alltag zuhause nehmen?

Eine sehr hilfreiche Übung ist die Ressourcen-Arbeit. Wir schauen gemeinsam, welche konkreten Ressourcen schon vorhanden sind und gut genützt werden und welche die Familien vielleicht noch zusätzlich in ihren Alltag integrieren können. Wenn man schon merkt, dass viel Stress da ist und es Probleme mit Lockerlassen und Einschlafen gibt, dann zeige ich gerne die Entspannungsübungen. Da gibt es tolle Methoden, wie etwa die Progressive Muskelentspannung oder bewusste Atemtechniken, bei denen man sofort einen Entspannungseffekt spürt. Die Familien bekommen auch eine Anleitung für zuhause mit und können selbstständig üben. Wichtig ist, dass sie auch im Alltag immer wieder Zeit für Entspannung und Regeneration einplanen.

Gibt es spezielle Übungen für Kinder und Jugendliche?

Junge Menschen kommen am liebsten sofort ins Tun – sie genießen die Phantasiereisen, die Körperwahrnehmungsübungen oder die Übungen für einen sicheren Ort zum Energietanken.

Wie profitieren die Familien von deinem Angebot?

Während der Erkrankung des Kindes liegt der Fokus total auf der Erkrankung, da ist für nichts anderes Zeit. Nach der Erkrankung spüren die Familienmitglieder dann, wie sehr die Krankheit an ihren Kräften gezehrt hat. Mit den Angeboten auf der Sonneninsel können sie in angenehmer Atmosphäre endlich wieder einmal Zeit für sich finden und entspannen. Achtsamkeit und Entspannung tun einfach gut, so wie eine Massage für die Seele, das spürt man sofort. Außerdem gibt es auch die Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen und zu sehen, dass man nicht alleine ist mit seinen Herausforderungen.

Wie gestaltest du den Gruppen-Workshop zum Thema Achtsamkeit?

Da hatten wir zum Beispiel das Thema Spüren mit den Sinnen. Wir haben verschiedene Übungen zur taktilen Wahrnehmung, zur Muskelentspannung, zum Atem gemacht. Das aktive Erleben ist immer wichtig und der Tastsinn ist ein besonders sensibler Sinn, den wir durch Übungen gestärkt haben. So lernen Kinder und Erwachsene, den eigenen Körper bewusst wahrzunehmen.

Wie lebst du Achtsamkeit in deinem Alltag?

Ich selbst bin achtsam wenn ich bewusst Zeit mit meinem Sohn und meiner Frau verbringe. Oder wenn ich im Garten sitze und in mich hineinspüre wie es mir gerade geht, ob ich alles habe oder etwas brauche, damit es mir gut geht. Ich nehme mir die Zeit bewusst, da reichen ja fünf Minuten zwischendurch. Das ist ein Ritual, das man lernen kann

Für meinen gelungenen Alltag brauche ich…

….ein gutes Gefühl, das habe ich, wenn es in der Arbeit gut läuft und wenn ich genügend Zeit mit meiner Familie verbringen kann. Manchmal brauch ich auch Zeit für mich, die finde ich bei der Gartenarbeit und bei der Achtsamkeit.

 

 

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